Die Ethik-Kurse im 12. Jahrgang beschäftigten sich im ersten Halbjahr, der Q1, mit dem Thema „Was ist der Mensch?“. Hier wurden einige anthropologische Positionen diskutiert, unter anderem auch die von Freud. Im Rahmen einer Vergleichsklausur fand eine Schülerin eine sehr gute Antwort auf die Aufgabe:
"Nehmen Sie Stellung zu der Behauptung, dass der Mensch nach Freud nicht Herr im eigenen Hause sei."
Freuds Meinung, der Mensch sei nicht Herr im eigenen Haus, soll erklären, wie es dazu komnt, dass der Mensch oft handelt, ohne bewusst darüber nachzudenken. Es kommt oft zu uns scheinbar unkontrollierbarem Verhalten. Wenn wir wütend sind, schreien wir oder hauen uns, wenn wir hungrig sind, sind wir schlecht gelaunt und verlangen Essen usw.
Das „Ich“ in Freuds Modell ist der Teil in uns, der uns Grenzen setzt um dem „Über-Ich“ und den Trieben gerecht zu werden. Innerhalb dieser Grenzen bewegen wir uns unser ganzes Leben lang. Die Grenzen sind dabei beweglich, sie werden durch Familie, Freunde und Gesellschaft geformt und verändert. Zudem können wir durch das „Über-Ich“ Grenzen selbstbestimnt setzen.
Diese symbolischen Grenzen werden oft aber von uns selbst überschritten: Im eigenen Haus, also innerhalb unserer Grenzen lassen wir z.B. obwohl wir es eigentlich nicht wollen, zu, dass wir etwas für eine kurzfristige Befriedigung tun, das langfristig schädlich ist. Man isst zum Beispiel lieber Süßigkeien als Gemüse. Man könnte aber auch schädlich handeln, ohne dass es etwas mit den Trieben zu tun hat. Man könnte auch von den äußeren Einflüssen so stark geprägt sein, dass man zulässt, dass Menschen einen verletzen oder schlecht behandeln, weil man gesellschaftlich anerkannt werden möchte und sich demach verhält (z.B. Gruppenzwang).
Es gibt also mehrere Einflüsse, die dafür sorgen könnten, dass wir uns nicht selbstbestimmt und frei verhalten, demnach also auch nicht Herr im eigenen Haus wären. Allerdings finde ich Freuds Ansatz zwar für seine Zeit fortschrittlich und wichtig, er wird aber meiner Meinung nach nicht der Komplexität des Menschen, und vor allem dem Fortschritt unserer Gesellschaft, gerecht.
Er hat zwar Recht, indem er feststellt, dass wir von verschiedenen Einflüssen geprägt sind, seiner Betonung auf dem Unterbewussten und Animalischen würde ich aber nicht zustimmen. Ich würde den äußeren Einfluss viel eher mit einbringen, und dabei trotzdem erwähnen, dass die Tatsache,
dass wir uns als Menschen weiterentwickeln, ein Zeichen der Reflexion und Selbstbestimmung ist, die auf eine freie Spezie hindeuten kann, auch wenn wir an die Grenzen der Natur, also auch Grenzen, die das Leben in einer Gesellschaft ermöglichen, gebunden sind.
Maya, 12c
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